12.03.2018
Anna

Es fühlt sich fast wie ein Widerspruch an, mit meinen Erfahrungen anderen Mut machen zu wollen. Das kommt, weil für mich die wichtigsten Erfahrungen - auch mit Dir und Euch und den Gurdjieff-Movements - immer auch Enge und Grenzen beinhalten. Naja, um alte Muster zu erkennen und sie zu verändern, muss man sie halt erst mal an sich heranlassen, sie ins Bewusstsein kommen lassen. Und das kommt auch daher, dass die Erfahrungen dieser Gurdjieff-Workshops so individuell zu sein scheinen wie die Menschen selber sind.
 
Was von meinen Erfahrungen also kann anderen Mut machen? Nehmen wir mal an, die anderen Neugierigen sind welche, die zu sich selber kommen wollen, dann glaube ich, dass Gurdjieff, seine Lehren, seine Musik, seine Movements eine direkte und ehrliche Weise hierfür sind. Auf mich wirkt Gurdjieff als Person ziemlich sperrig, seine Lehren sind schwer verdaulich, die Bilder von ihm im Internet etwas unheimlich. Kein Lehrer zum Anlehnen, er schickt mich immer sofort wieder zu mir selbst zurück. Aber die Klänge seiner Musik sind teilweise so schön, dass unwillkürlich die eine oder andere Träne kullert. Und ein Gebet einmal zu tanzen ist unbeschreiblich - still, friedvoll, heilig. Mit Gurdjieffs Lehre kann man meiner Meinung nach nur etwas anfangen, wenn man sie praktiziert, mit ihr ganz praktisch arbeitet.
 
Ich mag Musik und ich mag Tanz, und jedesmal, wenn ich mich ganz auf die Movements von Gurdjieff einlasse, begegne ich mir (und anderen) neu. Das Spannende daran ist, dass ich nie vor einem Workshop weiß, was in mir geschehen wird. Mein Verstand, mein Körper und und meine Emotionen sind ganz auf die Bewegungen, Klänge, Rhythmen und die Gruppe konzentriert und manchmal entsteht dann in mir Gelöstheit; ein innerer Raum, der nicht wieder gleich gefüllt wird, sondern etwas Neues entstehen lässt.
 
Vielleicht hat das etwas mit Mustern zu tun. Ich versuche, Muster in den Bewegungsfolgen zu erkennen und einzuhalten und begegne dabei zwangsläufig den bereits in mir vorhandenen gedanklichen, gefühlsmäßigen und körperlichen Mustern und Routinen. Das ist offenbar ganz unabhängig davon, wie "gut" mir das Tanzen "gelingt", sondern eher davon, wie weit ich mich ihm öffne.
 
Mein kleines Beispiel vom vergangenen März-Workshop: Ich war Feuer und Flamme, etwas Neues zu lernen, ich hatte sogar ein Ziel: ich wollte meinen Verstand erforschen und hatte Lust auf Zählen der Takte, der verschiedenen Positionen und Einsätze. Die Übungen fielen mir dieses Mal am ersten Abend leicht und während der Pausen zwischen den Movements konnte ich es eigentlich gar nicht erwarten, bis es endlich weiterging. So war ich bis mittags voller Elan und Spaß bei der Sache. - Bis mir nach der Mittagspause meine Kreislauf oder was auch immer einen Streich spielte. Mir wurde so schwindelig, dass ich mich setzen musste. Ich war gezwungen, mich ganz langsam zu bewegen und mit meiner Aufmerksamkeit bei mir zu bleiben. Und währen die anderen Teilnehmerinnen weiter übten und tanzten, saß ich außerhalb - und schaute zu (sah schön aus!). Für mich war es dran, passiv zu sein. Herausfordernd, mein inneres Feuer zu zähmen und aufkommende Unsicherheit zu akzeptieren. Eine ungewohnte Rolle, wo ich doch so gern in der ersten Reihe tanze. Und heilsam, weil ich in Kontakt kam mit einer verletzlichen, weichen Seite von mir.
Ich gehörte trotzdem dazu; ich konnte So-Sein ohne viel Aufhebens. Am nächsten Tag ließ mich mein Körper auch wieder ganz mitmachen, wenn er mich auch Achtsamkeit im Umgang mit mir selbst gelehrt hat und ich mich ein wenig zurück genommen habe.
 
Das Mut machende an dieser Erfahrung: Du kannst so da sein wie Du bist. Und auch, wenn Du die eine oder andere Übung nicht so hinbekommst wie Du es Dir vorstellst, führen Dich die Gurdjieff-Movements eben deshalb direkt zu Dir selbst.

„Arbeit an sich selbst”

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